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Hajo Schumacher bricht in Henstedt-Ulzburg eine Lanze

„Ich bin froh, dass jemand den Job von Olaf Scholz macht!“
Autor und Abendblatt-Kolumnist Hajo Schumacher bricht in Henstedt-Ulzburg eine Lanze für die viel kritisierte Ampelkoalition

Henstedt-Ulzburg: Gleich zwei Schumacher standen am Montag auf der Bühne des Bürgerhauses in Henstedt-Ulzburg: Der eine nannte sich Hajo, der andere Horst. Hajo, der Journalist, Autor, Kolumnist und Podcaster des Hamburger Abendblattes. Und Horst, der Vorstand der Bürgerstiftung Henstedt-Ulzburg. Horst begrüßte Hajo zur Lesung und sein Namensvetter bedankte sich und stellte sich als Enkel von Horst vor. Der erste Lacher für die 140 Zuhörerinnen und Zuhörern im Saal.

Unter dem Titel „Deutschland im Daueralarm – Regieren im schwierigen Zeiten“ kurvte Hajo Schumacher danach durch Deutschlands politische Landschaft, inklusive AfD-Thüringen und Söder-Bayern, und mit Ausflügen nach Meloni-Italien, Macron-Frankreich und Brexit-Großbritannien.

Der Politikwissenschaftler und freiberufliche Journalist erwies sich als eloquenter Politik-Erklärer, Dampfplauderer und Analytiker. Und als Medienvertreter, der den Wumms aus dem bundesdeutschen Unmuts-Kessel nehmen will, indem er immer wieder darauf verweist, wie Bürgerinnen und Bürger in anderen Staaten der Europäischen Union im Vergleich leben. Als weitere Übung in Selbstreflexion fragte er das Publikum, wer denn unter Entscheidungen der Bonner Ampel starke finanzielle Einbußen erleiden musste? Niemand hob die Hand.

Minutiös erklärte er die Auswirkungen des Verfassungsgerichts-Urteils, das die Berliner Ampel-Koalition jetzt vor immense Herausforderungen stellt, und auf die die Bürgerinnen und Bürger mit Zukunftsangst reagieren. Schumacher trocken zum medialen Hype und zu Volkes Aufstand: „Wir sind in wenigen Tagen alle zu Verfassungsrechtlern geworden.“ Zudem seien die Verfassungsrichter selber sehr irritiert, was sie mit ihrem Urteil ausgelöst hätten.

Regieren ist nicht ganz einfach in diesen Zeiten, und die Medien haben eine Mitschuld daran.

Hajo Schumacher, Journalist, Autor, Kolumnist und Podcaster

Großes Lob spendete er Robert Habecks klarer Rede über Antisemitismus in Deutschland, ließ sich süffisant über Wolfgang Kubickis (FDP-Bundestagsvizepräsident) Flugreise nach Miami mit anschließender Kreuzschifffahrt und die daraus folgende CO₂-Bilanz aus, und setzte sich erneut für die Ampel-Koalition ein: „Regieren ist nicht ganz einfach in diesen Zeiten, und die Medien haben eine Mitschuld daran.“ Er zitierte den neusten Spiegel-Titel „Absturz eines Besserwissers“ über Olaf Scholz. Schumacher monierte die Panikmache der Medien. „Ich bin froh, dass jemand den Job von Olaf Scholz macht.“

Seit seinem 14. Lebensjahr sei er als Journalist tätig, damals war es noch ein Vergnügen, heute habe sich der Beruf dramatisch gewandelt, weil immer weniger Journalistinnen und Journalisten immer mehr Aufgaben übernehmen, immer mehr Technik bedienen müssen. Für das Wichtigste, die Recherche, bliebe immer weniger Zeit.

Hajo Schumacher blickte zudem auch auf die Angela-Merkel-Zeit zurück, auf die Frau, über die er seine Doktorarbeit geschrieben hat. Er begeisterte das Publikum mit amüsanten Sticheleien gegen Markus Söder im Speziellen und Bayern als Ganzes, erklärte, warum das Debakel mit Habecks Heizungsgesetz ein Sieg der Demokratie und ein eventueller thüringischer Ministerpräsident Björn Höcke kein Weltuntergang sei, und dass mit Meinungsumfragen „viel Schindluder betrieben“ werde. Jedoch – die Geschichte mit Thüringen: Auch die Hitler-Nazis waren dort stark, und auch damals haben Politik und Bürgerschaft die braunen Horden fatal unterschätzt.

Zwischendurch machte Hajo Schumacher, der seine Ausführungen mit leidenschaftlicher Gestik begleitete, „den Obama“ und zog sich den Pullover über den Kopf. Aus dem Publikum zu Donald Trump befragt, sagte er: „Trump kann machen, was er will, es schadet ihm nicht, denn das hat ein hohes Maß an Irrsinn erreicht.“ Sein Fazit indes ist positiv: „Ich stelle fest, dass es in diesem Land viele tolle Menschen gibt, die tolle Sachen machen, zum Beispiel die Bürgerstiftung Henstedt-Ulzburg“.

Heike Linde-Lembke
Hamburger Abendblatt / Norderstedter-Zeitung

 

 

 

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